Stand: 02.09.2007

      
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    Calciumbestimmung in Mineralfuttermitteln
Methodenvergleich Amtliche Methode – ICP- AES

R. Ellinghaus (aus: Jahresbericht Hessische Landwirtschaftliche Versuchsanstalt 1999)
 

Einleitung

Die Fachgruppe VI (‘Futtermittel‘) des Verbandes der Deutschen Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) hat für die zu verwendenden Methoden der Calciumbestimmung in Mineralfuttermitteln zulässige Analysenspielräume festgelegt (1), die auf Vergleiche von Ergebnissen verschiedener Laboratorien auf dem 95%-Niveau anzuwenden  sind.
 

Ca-Gehalt (%) Analysenspielraum
0,1-0,5  +/- 0,05 E
0,5-6,0 +/- 10% R
6,0-10,0 +/- 0,6 E
>10,0  +/- 6% R

Nach Auswertung von Ringversuchen wurde nur der Amtlichen Methode (Oxalatfällung / Kaliumpermanganat-Titration) (2) die Einhaltung dieser Analysenspielräume zugebilligt, der moderneren und schnelleren Bestimmung mit der ICP-Atomemissionsspektroskopie (3) aus Königswasserextrakten (4) hingegen nicht, d.h. mit Blick auf die Vergleichbarkeit von Laboratorien wurden beide Verfahren als nicht gleichwertig eingestuft.

An der Hessischen Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt konnten jetzt parallel aus beiden Verfahren 1998 und 1999 gewonnene Analysendaten von 335 Mineralfuttermitteln ausgewertet werden, die hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Verfahren zu anderen Prognosen führen.

Basisdaten

1998 wurde der Calciumgehalt nach beiden Verfahren und in Doppelbestimmung in 155 Proben bestimmt, 1999 in 180 Proben.
Es ist anzumerken, dass für das ICP-AES-Verfahren hinter dem Datenkollektiv ausschließlich originäre Doppelbestimmungen stehen, da die Werte nicht zur Berichterstattung herangezogen wurden, bei der Amtlichen Methode hingegen auch gelegentliche zusätzliche Wiederholungen, wenn orientiert an den o.a. Analysenspielräumen Doppelbestimmungen unbefriedigend waren.
Eine weitere Ausreißereliminierung erfolgte nicht.

2/3 der AES-Ergebnisse wurden mit einem Jobin-Yvon 70 Plus-, 1/3 mit einem Perkin-Elmer Optima 3300 DV- Spektrometer gewonnen. Eine Messgeräteabhängigkeit der Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ist somit nicht gegeben.

Folgende Ergebnisse wurden gefunden:

a)  1998:  155 Proben, davon 152 >10% Ca, 3 <6% Ca

Prozentuale Differenzen der Einzelwerte zu den Mittelwerten der Doppelbestimmungen:

Amtl. Methode:  0,0 – 12,1%; davon 0 Proben zw. 2 - 3% und 4 >3%
(Anm.: Die 12,1% stammen von einer Probe mit einem Ca-Gehalt von 1,3% und könnten auch als Ausreißer eliminiert werden. Die nächst niedrigere Differenz ist 6,8%.)

ICP-AES:   0,0 – 8,5%, davon 4 Proben zw. 2 - 3% und 4 >3%

b)  1999:  180 Proben, davon 176 >10% Ca, 3 zw. 6,0 -10,0% Ca, 1 <6,0% Ca

Prozentuale Differenzen der Einzelwerte zu den Mittelwerten der Doppelbestimmungen:

Amtl. Methode:  0,0 - 2,0%

ICP-AES:  0,0 - 4,9%, davon 7 Proben zw. 2 - 3% und 3 >3%

c)  Mittlere prozentuale Differenz der Mittelwerte der Verfahren untereinander und Anzahl der Proben, bei denen die prozentualen Differenzen der Mittelwerte der Verfahren untereinander >6% sind:

1998:  2,5%  /  12 von 155 = 7,7% der Proben

1999:  2,3%  /    9 von 180 = 5,0% der Proben

Die Schranke 6% wurde hier zwar willkürlich gesetzt, orientiert am Analysenspielraum für Ca-Gehalte >10%, der für den deutlich überwiegenden Teil der Proben gilt. Der Vergleich der Mittelwerte in dieser Form scheint aber geeignet, den Eindruck von der Gleichwertigkeit der Verfahren zu vermitteln, den allein die Betrachtung der einzelnen Mittelwertsdifferenzen aufdrängt, ohne dass schon ein statistischer Test auf Gleichwertigkeit den Eindruck bestätigt hätte (s.u.). Wenn noch berücksichtigt wird, dass der Analysenspielraum für das 95%-Niveau gilt, 5% der Proben also außerhalb des Spielraums liegen dürfen, sieht das an sich schon überzeugende Ergebnis noch besser aus.

Versuch der Berechnung eines simulierten interlaboratoriellen relativen Wiederholvariationskoeffizienten

Wenn die Differenzen der Einzelwerte zu den Mittelwerten aus den Doppelbestimmungen einmal als Standardabweichungen eingestuft werden, obwohl deren sinnvolle Berechnung an sich erst ab einer 3-fach-Bestimmung beginnt, ließen sich die prozentualen Differenzen (s. Basisdaten) als Variationskoeffizienten und die Summe der Variationskoeffizienten geteilt durch die Probenzahl minus 1 als Laborwiederholvariationskoeffizient interpretieren.

Führt man das gedankliche Experiment weiter, fasst die Proben beider Jahre zusammen, wertet die Argumente 1. Verteilung der Proben über einen 2-Jahreszeitraum und 2. Erstellung der Analysenwerte durch unterschiedliches Laborpersonal so, als könnten die Werte auch in unterschiedlichen Laboratorien erstellt worden sein, und vernachlässigt die Zahl der Laboratorien gegenüber der Probenzahl, belässt also die Freiheitsgrade bei 334, könnte der Laborwiederholvariationskoeffizient auch für einen interlaboratoriellen Wiederholvariationskoeffizienten Vr stehen, wie er aus einem Ringversuch stammen könnte.

Die so simulierten interlaboratoriellen Wiederholvariationskoeffizienten sind:

Amtl. Methode:  Vr = 0,35%

ICP-AES:  Vr = 0,71%

Auch wenn die Freiheitsgrade z.B. auf 320 gesetzt werden, was 15 Laboratorien simulieren würde, ergeben sich nur geringfügig andere Zahlen:

Amtl. Methode:  Vr = 0,36%

ICP-AES:  Vr = 0,74%

Folgt man einer Faustregel, die bei VDLUFA-Enquêten häufig zu beobachten ist: interlaboratorieller Wiederholvariationskoeffizient x Faktor 2 bis 3 = interlaboratorieller Vergleichvariationskoeffizient VR, vergleicht letzteren mit dem Analysenspielraum und wählt als zulässig wieder  6%, wird deutlich, dass er nach beiden Verfahren nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft wird, und auch dann nicht erreicht wird, wenn ein zusätzlicher empirischer Faktor 2 - 3 dafür gesetzt würde, dass die verrechneten Werte eben doch nur aus einem einzelnen Labor stammen.

Daneben bestärkt die vorstehende Auswertung nochmals den Eindruck der Gleichwertigkeit beider Verfahren. Zur statistischen Absicherung des Eindrucks wurden schließlich 2 Gleichwertigkeitstests durchgeführt.

Statistische Tests zur Gleichwertigkeit der Verfahren

Da eine Auswertung nach DIN 38402-71 ‘Gleichwertigkeit zweier Analysenverfahren aufgrund des Vergleichs der Untersuchungsergebnisse an der gleichen Probe‘ über Mehrfachbestimmungen, Kalibrierungen und Standardadditionen für das vorliegende Datenmaterial (2 parallele Doppelergebnisreihen) nicht anwendbar ist, kamen 2 andere Gleichwertigkeitstest zur Anwendung:

a)  Vorzeichentest (5)

b)  Differenzentest (6)

Ablauf Test a:

1.  Berechnung der 155 bzw. 180 Differenzen der Mittelwerte beider Verfahren untereinander
2.  Auszählen der Anzahl negativer bzw. positiver Vorzeichen dieser Differenzen und der
     Nulldifferenzen
3.  Vergleich des seltener vorkommenden Vorzeichens mit einem statistisch bekannten
     Schrankenwert für n = Probenzahl minus Nulldifferenzen
4.  Bewertung: bei Überschreitung des Schrankenwertes gilt die Gleichwertigkeit der Verfahren
     als signifikant bewiesen (hier 99%-Niveau)

Ergebnisse Test a:

1998:  155 Proben, 2 Nulldifferenzen

               77 Differenzen positiv, 76 negativ, Schranke:  61  (f. 153 Proben)

               76 > 61, d.h. Verfahren sind signifikant gleichwertig !

1999:  180 Proben, 4 Nulldifferenzen

               88 Differenzen positiv, 88 negativ, Schranke:  71  (f. 176 Proben)

               88 > 71, d.h. Verfahren sind signifikant gleichwertig !

Ablauf Test b:

1.  Berechnung der 155 bzw.180 Differenzen der Mittelwerte beider Verfahren untereinander
2.  Berechnung des Mittelwertes xD und der Standardabweichung sD dieser Differenzen
3.  Ermittlung einer Prüfgröße t = IxDI / sD * n^1/2 mit n = Probenzahl
4.  Bewertung: bei Unterschreitung der Signifikanzschranke t0 der Studentverteilung (t-Verteilung)
     durch die Prüfgröße gilt die Gleichwertigkeit der Verfahren als signifikant bewiesen (hier
     99%-Niveau, zweiseitiger Test, Freiheitsgrade: 154 bzw. 179)

Ergebnisse Test b:

1998:  xD = 0,03% Ca      /     sD = 0,69% Ca

             t = 0,54     /    t0 = 2,611

             t < t0, d.h. Verfahren sind signifikant gleichwertig !

1999:  xD = -0,03% Ca     /      sD = 0,56% Ca

            t = 0,72     /      t0 = 2,605

             t < t0, d.h. Verfahren sind signifikant gleichwertig !

Diskussion

Was die vergleichende Betrachtung der Einzelergebnisse und die kategorisierenden Verrechnungen bereits wahrscheinlich machten, wird durch die statistischen Berechnungen zur deutlichen Gewissheit: Die Gleichwertigkeit der Amtlichen Methode und des ICP-AES-Verfahrens steht für die umfangreichen Parallelen der HLVA signifikant außer Zweifel.

Hierdurch wird zwar noch nicht das Kriterium oder Argument ‚Vergleichbarkeit der Laboratorien‘ verdrängt,  jedoch sind die Aussagen zu Gleichwertigkeit in dieser deutlichen Form und auch Wiederholbarkeit hinreichende Argumente, eine Überprüfung der älteren Festlegungen der Fachgruppe VI auch vor dem Hintergrund verbesserter Gerätetechnik und des inzwischen Routineumgangs mit der ICP-Atomemissionsspektrometrie zu empfehlen.

Verfolgt man die Vergleichsvariationskoeffizienten der jährlichen Ringversuche mit Mineralfutter der LUFA Bonn über die letzten 5 Jahre, in denen immer Amtliche Methode und ICP-AES-Verfahren parallel abgefragt wurden, finden sich i. d. R. zwar geringere VR für die Amtliche Methode, andererseits ist aber kein VR für das ICP-AES-Verfahren >6%. Somit liegen auch bereits einige unsimulierte Daten mit hinreichender Vergleichbarkeit vor, die die Zulassung der ICP-AES-Methode fordern.
 

Jahr Enquête-Nr. VR (Amtl.Meth.) (%) VR (ICP-AES) (%)
1996 260b 3,27 1,65
1997 267b 1,77 4,57
1998 276b 3,89 3,42
1999  282Qa 1,86 5,16
2000 292Qb 3,75 5,36

Meiner Mitarbeiterin R. Mangold danke ich für die umfangreiche Hilfe bei der Zusammenstellung der Analysenergebnisse.

Literatur

1)  O.Weinreich, B.Krüsken u. P.Radewehn, Futtermittelrechtiliche Vorschriften, S. 274,
     Agrimedia-Verlag, 1997
2)  VDLUFA-Methodenbuch Bd. III, 10.3.1, VDLUFA-Verlag, 1976
3)  DIN EN ISO 11885, Beuth-Verlag, 03/1998
4)  DIN ISO 11466, Beuth-Verlag, 06/1997
5)  L. Sachs, Angewandte Statistik, 5. Aufl., S. 247ff, Springer-Verlag, 1978
6)  DIN 53804-1, Beuth-Verlag, 09/1981